Rettet die Phänomene!

Mit diesem Aufruf wandte sich Martin Wagenschein in den siebziger Jahren gegen den "Rückzug auf
das Meßbare" und die Verwissenschaftlichung des Schulunterrichts. Das unmittelbare Erleben
sollte wieder stärker in den Vordergrund rücken, und - so der Flensburger Biologieprofessor
Willfried Janßen - über das Verstehen zum Ausgangspunkt des Handelns werden.
Flankiert wurde diese Forderung durch lernpsychologische Untersuchungen von Frederic Vester.
Vester hatte herausgefunden, daß ein abstrakter Zugang zu den Gegenständen dem Verinnerlichen
von Informationen nur bei wenigen Menschen entgegenkommt.

Möglichkeiten, wie das Erleben der Phänomene in einen Lernprozeß integriert werden könnte,
schlug Hugo Kükelhaus vor. Mit einfachen Versuchsaufbauten für individuelle "Organerfahrungen"
setzte er eine Entwicklung in Gang, die vor allem in Deutschland, Österreich und der Schweiz vielfach
zur Umwandlung von Lehrpfaden und Schulungsräumen in Erlebnispfade und Erlebnisräume führte.

Die Natur- und Kulturinterpretation hatte den Bezug zu den Phänomenen nie verloren. Von Anfang an
war es ihr erklärtes Ziel, eine Brücke vom Besucher zum Phänomen zu schlagen. Interpretation kann ja
überhaupt nur dort stattfinden, wo das Phänomen unmittelbar wahrzunehmen ist. Unter den vielen
Botschaften, die von einem Phänomen ausgehen, entwickelt der Interpret die für den Besucher
bedeutsamen zu Leitideen weiter. Erst dadurch wird das Phänomen zum Interpretationsgegenstand.